Segnende Roboter und seelsorgende Bots?

Was können Maschinen besser als Menschen und welche Aufgaben sollen Maschinen in der Zukunft übernehmen? Dies sind zentrale Fragen, denen die Tagung „Sind Bots die besseren Zuhörer?“ nachgeht.

Welche Rolle sollen Sprachassistenzsysteme, Social Bots und Künstliche Intelligenz im Blick auf kirchliche und diakonische Arbeitsfelder zukünftig  einnehmen? Die Diskussion dazu muss breit geführt werden, dazu soll die Tagung am 26.11.2019 in der Kölner Melanchthon-Akademie beitragen.

Segensroboter „BlessU-2“

Ganz deutlich wird diese Frage durch den Segensroboter BlessU-2 gestellt. Er wurde als Kunstinstallation für die Weltausstellung der Reformation 2017 in Wittenberg konstruiert. BlessU-2 kommuniziert mit Interessierten über ein Display. Er bietet verschiedene Segensformen an, auch die Stimme lässt sich auswählen. Dann hebt der Segensroboter seine Hände spricht den Segen.

Damit es nicht bei der Mensch-Maschine-Interaktion bleibt, stehen Mitarbeitende neben dem von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau entwickelten Roboter, die Gespräch und Diskussion anbieten. Seit vielen Jahren übernehmen Roboter Aufgaben in der industriellen Fertigung, auch im Haushalt kommen sie bereits zum Einsatz. In der Pflege gibt es Modellversuche mit Robotern. Kann man zu Robotern eine emotionale Beziehung aufbauen? Kann es eine geistliche Dimension in der Kommunikation mit Maschinen geben? Oder ist diese Art der Kommunikation allein Menschen vorbehalten? Wer einmal mit „BlessU-2“ kommuniziert hat, ist mitten in der Auseinandersetzung, welche Aufgaben Roboter übernehmen sollen und was Menschen vorbehalten bleiben soll. Das ist nicht nur eine Frage für die digitale Gesellschaft, sondern für die Kirche, es geht dabei auch um ihr Selbstverständnis.

Chatbots im Kundendialog

Während BlessU-2„ eine Kunstinstallation ist, die zur Diskussion anregen soll, sind so genannte Bots in anderen Lebensbereichen schon Alltag. Sie sind von Künstlicher Intelligenz getriebene selbstlernende Systeme, die mit Menschen sprechen. Viele Dialoge im Internet führen mittlerweile Bots, weil ihr Einsatz billiger ist als der von menschlichen Mitarbeitende. Im Internet wollen Nutzerinnen und Nutzer rund um die Uhr Dienstleistungen und Support erhalten, dabei ist es ihnen  – so die Erfahrung von Marketingfachleuten – gleichgültig, ob sie mit einem Menschen interagieren oder einem Bot, solange sie die angefragte Hilfe sofort erhalten. „Die Nutzererfahrung, dass ich individuelle Kommunikation in Echtzeit habe, sei entscheidend, nicht ob auf der anderen Seite ein Mensch sei“, so ein Marketing-Experte.

Verhaltenstherapie per App 

Auch in den Therapiebereich dringen solche Chatbots vor. Der an der Stanford-Universität entwickelte Woebot ist ein Begleiter, der mit Kognitiver Verhaltenstherapie im Alltag Unterstützung anbietet. Der Woebot ist frei verfügbar und befindet sich zurzeit in einer Versuchsphase, man kann ihn kostenfrei auf dem eigenen Smartphone ausprobieren. Der Vorteil: Anders als ein Psychologe oder eine Psychotherapeutin ist der Woebot jederzeit gesprächsbereit, wenn er benötigt wird. Auch wenn man weiß, man chattet nur mit einem Bot, ist dieses Wissen nicht störend im direkten Dialog mit dem Bot.

Digitalisierung: Gibt es Grenzen des Machbaren durch das christliche Menschenbild?

Vom Woebot in der Therapie zu digitaler Seelsorge über Künstliche Intelligenz ist es technologisch ein kleiner Schritt, deshalb stellt sich die Frage: Was bleibt besser der zwischenmenschlichen Begegnung vorbehalten? Und welche Aufgaben können Bots und Roboter übernehmen?

Der Roboter in der Pflege und der Chatbot in der Seelsorge sind billiger als Krankenpfleger und Pfarrerinnen. Aber: darf alles eine Frage der Wirtschaftlichkeit sein? Segnende Roboter und seelsorgende Bots? In der Kirche muss man nicht alles machen, was technisch geht, nur weil es billiger ist. Oder folgt aus dem christlichen Menschenbild, dass bestimmte Lebensbereiche der zwischenmenschlichen Begegnung vorbehalten sind? Wer dafür ist, Seelsorge und Pflege allein Menschen vorzubehalten, der muss sich dies auch etwas kosten lassen.

 


Diese und weitere Fragen werden auf der Tagung „Sind Bots die besseren Zuhörer? – Sprachassistenzsysteme, Social Bots und Künstliche Intelligenz im Blick auf kirchliche und diakonische Arbeitsfelder“am 26. November 2019, 9:15 Uhr bis 16:30 Uhr im Haus der Evangelischen Kirche, Kartäusergasse 9-11 in Köln erörtert.  Dort wird auch der Segensroboter BlessU-2 gezeigt. Den Hauptvortrag hält der evangelische Theologe Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland. Die Tagung gehört zur Reihe „Mehr digitale Souveränität gewinnen“, die in Kooperation mit Dezernat 4.3 des Landeskirchenamts der EKiR, der Evangelischen Akademie im Rheinland und der Melanchthon-Akademie veranstaltet wird. Anmeldungen sind bis zum 22.11.2019 möglich.