Gemeinde Köln-Bickendorf feiert Online-Gottesdienst mit spezieller Liturgie

Kirche kommt ins Haus

Sollen Online-Gottesdienste kürzer sein als Präsenzgottesdienste? Brauchen sie sogar eine eigene Liturgie? Diese Fragen hat sich der Pfarrer Nico Ballmann gestellt. Die Antworten liefert am Sonntag, 16. August, 10.45 Uhr ein Online-Gottesdienst aus der Gemeinde Köln-Bickendorf.

Zwar feiert die Gemeinde mittlerweile wieder Präsenz-Gottesdienste, doch die Online-Gottesdienste auf YouTube sollen weiter eine wichtige Rolle spielen. Und deshalb haben Nico Ballmann und sein Team eine eigene Liturgie ausgearbeitet. Im Zentrum des Gottesdienstes soll eine dynamische Predigt stehen, ein „Abschied von der Kanzel“, wie es Ballmann im Gespräch formuliert. Was das konkret bedeutet, zeigt der Online-Gottesdienst aus Bickendorf im Livestream.

Die Gemeinde Köln-Bickendorf wagt bei Online-Gottesdiensten „Abschied von der Kanzel“
Fest steht: Die Kamera soll dann nicht die ganze Zeit nur auf eine Person auf der Kanzel gerichtet sein. Stattdessen werden schon direkt zu Beginn des Gottesdienstes die verschiedenen handelnden Personen vorgestellt: der Prediger oder die Predigerin, die Liturgin oder der Liturg, eine Sängerin oder ein Sänger, ein Lektor oder eine Lektorin und ein Team-Mitglied, das den Online-Chat betreut.

Denn der Gemeinde Köln-Bickendorf ist wichtig, dass die Gottesdienste interaktiv sind. Zuschauerinnen und Zuschauer sollen sich einbringen können, Fürbitten aus dem Chat aufgenommen werden und in der Woche vor dem Gottesdienst Impulse in die Predigt einfließen. In der sollen „vor allem alltagsrelevante Themen stattfinden“, sagt Nico Ballmann. „Was ist mir im Leben aktuell wichtig?“ Darauf sollen Antworten gesucht  werden. Und so trägt auch der erste Gottesdienst mit neuer Liturgie aus der Epiphaniaskirche mit Pfarrerin Uta Walger den Titel „Was ist mir wichtig?“.

Pfarrer Nico Ballmann hat digitale Formate auf Instagram etabliert
Wie wichtig diese Ausrichtung ist, hat Ballmann auf Instagram gelernt. Dort ist er unter dem Namen @einschpunk aktiv und mittlerweile Teil des Yeet-Netzwerks. Yeet ist ein Netzwerk von Instagrammerinnen und Instagrammern sowie YouTuberinnen und YouTubern, die von der Evangelischen Kirche in Deutschland gefördert werden.

Ballmann ist zudem bei dem Format #Instapulse aktiv. Unter dem Hashtag werden Kurzandachten gefeiert, bei denen das gemeinsame Beten mit anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Vordergrund steht. Dazu trifft er sich „Auf ein Glas Wein mit…“ unterschiedlichen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern, um theologische Alltagsfragen zu erläutern.

Presbyterium in Bickendorf will Online-Gottesdienste auch nach Corona weiterführen
„Die Erfahrung aus diesen Formaten ist, dass es den Nutzerinnen und Nutzern das Gefühl gibt, dass man zusammen ist und Teil einer Gemeinschaft, einer digitalen Gemeinde“, so Ballmann. Und genau das wolle er auch bei Online-Gottesdiensten schaffen.

Den Rückhalt vom Presbyterium hat das Kölner Team bei dem Vorhaben: Es hat sich darauf geeinigt, dass das neue Gottesdienst-Format bleiben soll – auch wenn die Corona-Pandemie vorbeigehen sollte. „Wir haben gemerkt, dass es im digitalen Raum viele Menschen sind, die uns über andere Wege nicht erreichen“, so Nico Ballmann.

Warum Ballmann und sein Team den Live-Stream schätzen
Das klingt alles nach einer gut durchgeplanten Liturgie und auch nach einem recht hohen technischen Aufwand. Warum dann nicht einfach die Gottesdienste vorab drehen und mit Spezial-Effekten unterlegen und dann online stellen? Ganz so wie es berühmte YouTuberinnen und YouTuber machen.

„Wir haben einmal einen Gottesdienst vorab gedreht und für uns gemerkt, dass es dann gespielt wirkte“, sagt dagegen der Kölner Pfarrer. Es gebe sicher gute Gründe dafür, einen Gottesdienst aufzuzeichnen, doch den Bickendorferinnen und Bickendorfern „fehlte einfach das direkte Geschehen“.

Zu dem Geschehen gehört natürlich auch Musik. Die Kirchengemeinde in Bickendorf greift in ihren Online-Gottesdiensten auf neues geistliches Liedgut zurück, das den Zuschauerinnen und Zuschauern auf YouTube vielleicht sogar schon aus dem Alltag bekannt ist oder Teil des Alltages wird.

Online-Kollekte
Wer den Gottesdienst am Bildschirm mitfeiert, kann sich auch online an der Kollekte beteiligen. Am 10. Sonntag nach Trinitatis, dem sogenannten Israelsonntag, bedenken rheinische Gemeinden in besonderer Weise die Verbundenheit mit dem Judentum. Im Glauben an den Gott Israels, der der Vater Jesu Christi ist, sind Christinnen und Christen in eine untrennbare Nähe zum Judentum hineingestellt.

Es werden verschiedene Initiativen in Deutschland, aber auch in Israel und Palästina, gefördert, die auf Versöhnung und ein friedliches Miteinander hinarbeiten. Unterstützt wird beispielsweise die Arbeit des „Rossing Center for Education and Dialogue“ in Jerusalem, wo Schülerinnen und Schüler aus jüdischen und arabischen Schulen zusammenkommen, um sich über strittige Themen zu verständigen.