Das Netz neu knüpfen

Digitale Kirche auf dem Land

Digitale Angebote als Chance für kirchliche Arbeit in ländlichen Räumen – Studientag am Samstag, 21. April 2018, im Kirchenkreis Trier

Die Arbeit kirchlicher Einrichtungen und Gemeinden wandelt sich, im städtischen Nahraum ebenso wie auf dem Land. Bei Personal, Mitteln und Gebäuden sind Einsparungen notwendig, Organisationseinheiten werden größer, mehr Fahrtzeit muss eingeplant werden. Gleichzeitig verändern sich Erwartungen und Gewohnheiten der Gemeindemitglieder, Internet und Smartphone sind schon längst unsere Alltagsbegleiter. Dieser Wandel bietet neben dem Abschied von Gewohntem genauso Chancen, Neues auszuprobieren.

Wir erleben, dass die Welt durch die neuen digitalen Möglichkeiten immer mehr zusammenwächst, zu einem „globalen Dorf“ wird. Kann die Gemeinde vor Ort ebenfalls die Chancen der neuen Medien nutzen, um das Netz neu zu knüpfen, kirchliche Gemeinschaft zu erhalten und zu stärken? Wie können sich Begegnung vor Ort und Digitales ergänzen?

Welche Konturen könnte eine alternative Präsenz der Kirchen in den neuen Medien haben? Was bedeutet „digitale Kirche“ – ein im Moment häufig diskutierter Begriff – für ländliche Räume?

Eine wichtige Voraussetzung ist bei diesen Überlegungen ein stabiler und ausreichend schneller Internetzugang. Welche Fördergelder und Hilfen können Kirchengemeinden in Anspruch nehmen?

Zu diesen Fragen bietet der Studientag Denkanregungen, Beispiele und Gedankenaustausch.

Dr. Jörg Weber, Superintendent des Kirchenkreises Trier , geht in seinem Eingangsimpuls auf Fragestellungen und Herausforderungen ein, die sich insbesondere für die Leitungsgremien der Kirchengemeinden und Kirchenkreise im Blick auf die digitalen Möglichkeiten stellen. Welche Aspekte im gemeindlichen Alltag und in der Arbeit von Pfarrerinnen und Pfarrern sind dabei wichtig?

Zu den theologischen Grundlagen spricht Professor Dr. Eberhard Hauschildt , einer der Autoren der 2016 veröffentlichten „Bonner Studie“ zu Kirche in ländlichen, stadtfernen Räumen.

Kirchenrat Joachim Müller-Lange informiert darüber, welche Fördergelder und Hilfen Kirchengemeinden für eine gute digitale Infrastruktur in Anspruch nehmen können.

Ein weiterer Schwerpunkt der Tagung sind Best-Practice-Beispiele aus anderen ländlichen Regionen:

Dazu werden per Skype zugeschaltet:

Annegret Zander , Fachstelle Zweite Lebenshälfte, Evangelische Kirche Kurhessen-Waldeck mit dem Projekt „Unser Dorf: Wir bleiben hier!“

Ralph-Ruprecht Bartels von der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover mit dem Projekt „Das vernetzte Dorf“

Ulrich Kasparick , Pastor i.R., Nordkirche, Kasparick war von 2011 – 2017 Pfarrer im brandenburgischen Hetzdorf, einer Gemeinde im ländlichen Raum mit ca. 600 Gemeindegliedern. Er pflanzte Hoffnung ins leere Land, wie die ZEIT es formulierte, und daran hatten seine Nutzung der neuen Medien in der kirchlichen Arbeit entscheidenden Anteil.

Persönlich steht Frank Wiedemeier aus der rheinischen Kirchengemeinde Kelzenberg am Niederrhein auf der Tagung als Ansprechpartner zur Verfügung. Die Gemeinde bietet regelmäßig Livestream ihrer Gottesdienste an – als Verbindung zu denen, die nicht mehr vor Ort teilnehmen können, und als Schnuppermöglichkeit für Kirchenferne.

 

Mehr über die Best Practice Beispiele:

Annegret Zander über den DorfMOOC

„Unser Dorf: Wir bleiben hier!“ Mit diesem Satz lädt der DorfMOOC ein, sich ein gutes Leben vorzustellen und mit kleinen kreativen Schritten dafür zu engagieren, dass der Ort für alle Generationen ein guter Ort bleibt oder wird.  Ein MOOC ist ein Massive Open Online Course, also ein Kurs im Internet, an dem eine große Zahl von Menschen kostenlos per Smartphone, Tablet oder PC zu jeder Tageszeit teilnehmen kann. Im DorfMOOC werden sechs Themenfelder durch Kurzfilme, anregende Aufgaben zum Weiterdenken und vertiefende Materialien aufbereitet. Sie stellen Initiativen vor, reflektieren Lebensthemen, die alle Generationen betreffen und geben Anstöße und Unterstützung zur Umsetzung. Die Initiative nimmt nicht nur die Kirche in den Blick, sondern weitet den Blick auf den gesamten Sozialraum Dorf.

Unser Dorf: Mit anderen Augen sehen/ Teilhabe: Wir gestalten mit!/ Wohnen: Daheim – mit anderen – am Ort/ Welcome und mehr: Flüchtlinge im Dorf/ Wir organisieren uns: Genossenschaft, Verein oder GmbH?/ Netzwerken: Facebook, Twitter & Co.

Der Kurs steht grundsätzlich jederzeit zur Verfügung, am 2.-24.11.2018 werden die Foren erneut für den direkten Austausch freigeschaltet. www.unser-dorf-mooc.de

Annegret Zander, Pfarrerin, Fachreferentin in der Fachstelle Zweite Lebenshälfte, Referat Erwachsenenbildung der EKKW, hat diesen Kurs gemeinsam mit Gunter Böhmer, Zentrum Bildung, EKHN entwickelt und umgesetzt. Im Referat ist sie nun auch für die Entwicklung von Bildungsprozessen über die Social Media zuständig.

Ralph-Ruprecht Bartels über „Das vernetzte Dorf“ 

Im Projekt „Das vernetzte Dorf“ wird es darum gehen, zu erkunden, ob und wie man mit Hilfe digitaler Kommunikation das Leben gerade älterer Menschen in ländlichen Gebieten verbessern kann. Mit Hilfe digitaler Kommunikation soll eine Plattform geschaffen werden, auf der Hilfsangebote und Hilfsbedarfe zueinander finden können. In dem von der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover initiierten Projekt sollen soziales Engagement und digitale Kommunikation vereint werden.

„Bei vielen Menschen ist eine große Bereitschaft da, sich gegenseitig zu helfen, das hat sich in der Flüchtlingskrise gezeigt. Mir geht es darum, neue Wege zu finden, damit die Nächstenliebe, die Menschen in sich tragen, anderen zu Gute kommt,“ sagt der Projektverantwortliche, Pastor Ralph-Ruprecht Bartels. Er war  26 Jahre Gemeindepastor und arbeitet nun im Haus kirchlicher Dienste in Hannover an dem Projekt „Das vernetzte Dorf“.

Frank Wiedemeier über die Aktivitäten der rheinischen Kirchengemeinde Kelz

Der Gottesdienst ist für viele Menschen der wichtigste Berührungspunkt mit einer Kirchengemeinde. Andere nutzen ihn, um herauszufinden, ob sich ein erneuter Besuch überhaupt lohnt. Was ist aber mit den Kirchendistanzierten, oder jenen, die nicht kommen können? Beiden bietet die Ev. Kirchengemeinde Kelzenberg mit ihrem Live-Stream „live.kirchekelzenberg.de“ die Gelegenheit zur virtuellen Teilnahme am Gottesdienst. Kirchendistanzierte können aus „sicherer“ Distanz die Kelzenberger Gemeinde kennenlernen, und Ferngebliebene dennoch am Gottesdienst teilnehmen. Zusätzlich besteht die Möglichkeit eines 360-Grad-Rundgangs durch Kirche und Gemeindehaus, um einen weiteren Eindruck zu bekommen.

Frank Wiedemeier M.A. ist im Ehrenamt Mitarbeiter der Evangelischen Kirchengemeinde Kelzenberg und ist u.a. verantwortlich für den Internetauftritt, den Live-Stream sowie die Pressearbeit der Gemeinde. Er hat Medienwissenschaften, Informationswissenschaften und Geografie studiert und mit dem Magister Artium abgeschlossen. 1996 gründete er eine Agentur für Kommunikation. Seither entwickelt Print- und Onlinemedien für Kunden aus Wirtschaft, Wissenschaft und öffentlicher Hand und setzt diese Projekte um. Darüber hinausleitet er  Seminare und Workshops mit dem Schwerpunkt Gemeindekommunikation, u.a. für die Evangelische Kirche im Rheinland.

Ulrich Kasparick, Pastor i.R., über seine Erfahrungen mit digitalen Medien in der Gemeindearbeit im brandenburgischen Hetzdorf 

Ulrich Kasparick ist Publizist, Blogger und Netzwerker. Er  war Stadtjugendpfarrer in Jena, bevor er sich nach der Wende politisch in der SPD engagierte. Von 2004 bis 2005 war er Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2005 wurde er in derselben Funktion ins Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung berufen. Nach einem Sabbatical ging Kasparick 2011 in seinen ersten Beruf zurück und wurde Pastor in Uckerland in der nördlichen Uckermark. Er war Pfarrer im brandenburgischen Hetzdorf, einer Gemeinde im ländlichen Raum mit ca. 600 Gemeindegliedern.Seit dem 1.1.2018 ist er Pastor im Ruhestand und engagiert sich insbesondere für das von ihm 2017 gegründete Netzwerk „Für unsere Enkel.org“

Als Pfarrer pflanzte er Hoffnung ins leere Land, wie die ZEIT in einem Artikel über seine Arbeit formulierte. Daran hatte seine Nutzung der neuen Medien in der kirchlichen Arbeit entscheidenden Anteil.

Wie das in der Praxis aussah? Darüber spricht er in seinem Podcast, das mit dem Resümee schließt:
„Wenn man es macht, ist es eine lohnende Sache, zu der ich die Kolleginnen und Kollegen ausdrücklich ermutigen möchte.“

Der Podcast zum Nachhören