#2komma42 – Geschichten

Geschichten christlicher Hoffnung sind eine Kraft in der Gegenwart

Hoffnung ist eine menschliche Grunderfahrung. Sie lässt sich besonders gut durch Geschichten vermitteln. Schon immer haben Menschen sich Geschichten erzählt, um ihrer Hoffnung Ausdruck zu geben. Nicht ohne Grund ist die Bibel, sind Altes und Neues Testament, voller Geschichten. Auffallend viele Geschichten handeln von der Hoffnung.

Wie kann man von christlicher Hoffnung erzählen?
Das Beispiel des Hebräer-Briefes im Neuen Testament
Der Hebräer-Brief im Neuen Testament zeigt das in eindrücklicher Weise. Hoffnung – das ist eines seiner Kernthemen: „Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht dessen, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht.“ (Hebr 11,1)  In dem elften Kapitel spielt die Hoffnung eine zentrale Rolle, für den Verfasser ist sie nicht vage, sondern eine „feste Zuversicht“. Damit weist sie in das Zentrum des christlichen Selbstverständnisses.

Christliche Hoffnung trägt auch in unsicheren Zeiten
Nun mag das in guten Zeiten wie ein freundlicher Kalenderspruch wirken. „Ja, ja, es ist doch gut, eine feste Zuversicht zu behalten, der Optimismus ist doch die erfreulichere Sicht auf die Welt.“ Doch die Zeiten, in denen der Autor den Hebräerbrief schreibt, sind nicht gut. Er möchte seinen Leserinnen und Lesern Mut zusprechen, denn sie leben in unsicheren Zeiten: die christliche Gemeinde trifft auf Gegner, sie wird verfolgt, es ist unsicher, wie es mit der christlichen Botschaft weiter geht, Christinnen und Christen werden angefeindet, die Botschaft wird verkannt. Das ist auf den ersten Blick keine gute Ausgangsposition, um Hoffnung zu schöpfen. Doch der Kern der christlichen Hoffnung zielt nicht auf Wahrscheinlichkeiten und Prognosen, sondern auf die Verheißung Gottes. Weil Gott den Menschen in der Geschichte Israels seinen Bund zugesagt hat und in Jesus Christus unumstößlich bekräftigt hat, haben die Menschen einen Grund zur Hoffnung.  In dieser Hinsicht sind die Geschichten der Bibel Hoffnungsgeschichten: Sie erinnern immer wieder an die Verheißung Gottes und an die Momente, an denen die Verheißung erneuert und bekräftigt wurde.

Christliche Hoffnung wächst aus dem Vertrauen auf Gott
Das tut auch der Hebräerbrief in dem, was in dem Kapitel folgt. Er lässt die Erfahrungen der herausragenden Menschen der Geschichte Israels Revue passieren. Diese haben der Verheißung Gottes geglaubt und sie haben auch in widrigen Umständen ihre feste Zuversicht in die Verheißung nicht aufgegeben: Noah baut auf Gottes Aufforderung  hin die Arche und sichert so das Weiterleben von Menschen und Tieren, Abraham bricht ins Ungewisse auf, seine Frau Sara vertraut Gott und bringt entgegen allen Wissens im hohen Alter ihren ersten Sohn Isaak zur Welt, Mose führt die Israeliten aus der ägyptischen Gefangenschaft und erfährt in beinahe auswegloser Situation Gottes Hilfe. Diese und noch viele andere Menschen des Alten Testaments bilden im Hebräerbrief eine „Wolke von Zeugen“, wie es der Schreiber ausdrückt.

Die christliche Hoffnung wächst aus der Erinnerung an die Verheißung Gottes und aus der festen Zuversicht, dass sie gegen allen Augenschein eintreten wird. Diese Hoffnung entsteht nicht aus absichernden Prognosen, wie wir es gewohnt sind. Der Grund christlicher Hoffnung lässt sich nicht berechnen. In unserer Zeit sichert man die Erwartungen an die Zukunft gerne mit Hilfe von wissenschaftlichen Prognosen ab. Wenn die Prognosen positiv sind, dann besteht Grund zur Hoffnung.

Christliche Hoffnung ist ein Hoffen wider alle Wahrscheinlichkeiten:
Gott meint es gut mit den Menschen

Doch ist mit der christlichen Hoffnung etwas ganz anderes gemeint als ein wahrscheinlich guter Ausgang einer Entwicklung. In jeder noch so positiven Prognose nagt ein Restzweifel: „Und was ist, wenn es anders kommt? Was ist, wenn etwas dazwischen kommt?“ Die christliche Hoffnung zieht ihre Kraft nicht aus der Berechnung der Zukunft, sondern aus dem Vertrauen in Gott, dass er es gut mit den Menschen meint. Der Unterschied ist gravierend. Wenn eine gute Prognose zurückgenommen werden muss, ist die Hoffnung schnell am Ende. Die christliche Hoffnung dagegen beruht auf einer Zuversicht, die nicht direkt von den Erfolgsaussichten abhängig ist. Um das deutlich zu machen, lässt der Autor des Hebräerbriefes all diese Zeugen des alten Israels Revue passieren, die je und je aus dem Vertrauen Gott gegenüber gelebt haben, obwohl die Umstände widrig waren und jede Prognose nur schlecht ausgesehen hätte.

Christliche Hoffnung lebt von der Gemeinschaft und der Weitergabe untereinander
Die christliche Hoffnung ist auch abzugrenzen gegen das Vertrauen in die eigenen Kräfte. Sie hat wenig von dem heldischen Mut, der ganz auf die eigenen Fähigkeiten setzt. Sie ist nicht Ausdruck einer Unerschütterlichkeit des Vorsatzes, sich schon durchzukämpfen, nicht klein bei zu geben. Sie hat auch nichts mit dem Stolz derer zu tun, die schon viel durchgestanden haben und die wissen, dass sie hart gegen sich selbst sein können. Christliche Hoffnung ist viel bedürftiger, sie braucht den äußeren Zuspruch, den Zuspruch von Gott. Christinnen und Christen aktualisieren diesen Zuspruch, indem sie die Geschichten der Verheißung und Hoffnung erzählen. In den Hoffnungsgeschichten erinnern sich gleichzeitig immer wieder gegenseitig an den Grund ihrer Hoffnung.

Die erste christliche Gemeinde in Jerusalem, die wir als Blaupause für unser interdisziplinäres Jahresprojekt #2komma42 – VerNETZt im Glauben“ genommen haben, hat das auch praktiziert: „Sie aber blieben beständig in der Lehre der Apostel…“  Damit erinnerten sie sich gegenseitig an das Leben und Wirken Jesu, den Grund jeder christlichen Hoffnung. Das verband sie, sie vertrauten auf Neues, Unvermutetes und diese Gewissheit strahlten sie aus, sie gab ihnen Glaubwürdigkeit, Authentizität würde man heute sagen.

Welche Hoffnungsgeschichten erzählen wir heute – auch und gerade im digitalen Raum?
Auch heute erzählen wir uns Geschichten, um einander zu stärken, um Hoffnung weiterzugeben. In welchen Geschichten, in welchen Erzählungen, in welchen Überlegungen bringt sich christliche Hoffnung heute zum Ausdruck? Wie kann sie in unseren Alltag übersetzt werden? Welche Geschichten erzählen wir heute oder können wir heute davon erzählen – auch und gerade im digitalen Raum, in den sozialen Medien, in Filmen oder Foto-Stories?  Wir wollen uns gemeinsam mit Ihnen auf die Suche machen!

Logo des Projektes #2komma42

Dr. Frank Vogelsang
März 2020
zum Jahresprojekt #2komma42 – VerNETZt im Glauben der Evangelischen Akademie im Rheinland

Update:
Die Projekt-Website besteht nicht mehr. Ausgewählte Beiträge der Projektwebsite finden Sie in den Rubriken dieser Website, jeweils erkennbar am Logo des Jahresprojektes.